Georg Heym, Der Gott der Stadt

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1

Auf einem Häuserblocke sitzt er breit.

 

Die Winde lagern schwarz um seine Stirn.

 

Er schaut voll Wut, wo fern in Einsamkeit

 

Die letzten Häuser in das Land verirrn.

5

Vom Abend glänzt der rote Bauch dem Baal,

 

Die großen Städte knieen um ihn her.

 

Der Kirchenglocken ungeheure Zahl

 

Wogt auf zu ihm aus schwarzer Träume Meer.

 

 

 

Wie Korybanten-Tanz dröhnt die Musik

10

Der Millionen durch die Straßen laut.

 

Der Schlote Rauch, die Wolken der Fabrik

 

Ziehn auf zu ihm, wie Duft von Weihrauch blaut.

 

 

 

Das Wetter schwelt in seinen Augenbrauen.

 

Der dunkle Abend wird in Nacht betäubt.

15

Die Stürme flattern, die wie Geier schauen

 

Von seinem Haupthaar, das im Zorne sträubt.

 

 

 

Er streckt ins Dunkel seine Fleischerfaust.

 

Er schüttelt sie. Ein Meer von Feuer jagt

 

Durch eine Straße. Und der Glutqualm braust

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Und frißt sie auf, bis spät der Morgen tagt.


Last modified: Sat Dec 02 19:29:34 Westeuropäische Normalzeit 2000